Therapie

Am günstigsten ist es, wenn der Tumor in der Speiseröhre oder im Magen auf die oberflächlichste Schicht der Schleimhaut sog. Mucosa beschränkt ist (T1m). Bei einem solchen Frühkarzinom kann oft eine vollständige Abtragung allein über das Endoskop (endoskopische Resektion) ausgeführt werden, da ein Lymphknotenbefall in der Regel nicht vorliegt. Bei tieferem Einwachsen des Tumors in die darunter liegende Zellschicht sog. Submucosa (T1sm) oder in die Muskulatur (T2)  besteht ein erhöhtes Risiko von Lymphknotenbefall, so das eine Operation erforderlich ist, bei der die umgebenden Lymphknoten mit entfernt werden (siehe unter Operation).

Ist der Tumor durch die ganze Wand gewachsen (T3 oder T4) sollte eine Vorbehandlung mit Strahlenchemotherapie oder Chemotherapie erfolgen und danach die Operation sog. multimodale Therapie. Dieses hat das Ziel den Tumor mit den Lymphknotenmetastasen zu verkleinern und danach besser komplett entfernen zu können.

Beim Plattenepithelkarzinom der Speiseröhre hat eine Strahlentherapie kombiniert mit einer Chemotherapie den besten Effekt ( sog. CROSS Protokoll). Beim Adenokarzinom des Ösophagus kann entweder diese präoperative Strahlenchemotherapie oder eine alleinige Chemotherapie (FLOT-Protokoll) angewendet werden. Beide Verfahren haben etwa gleich gute Ergebnisse.

Beim  fortgeschrittenen Magenkarzinom ist nur die Chemotherapie bewährt.

Die zeitlichen Abläufe einer Chemotherapie sind:

  • Strahlenchemotherapie: ca. 4 Wochen mit täglicher Bestrahlung ausser Samstag Sonntag mit zeitweiser begleitender Chemotherapie, danach 4-6 Wochen Pause zur Erholung des Patienten, dann die Operation.
  • Chemotherapie: 2 bis 3 Monate Chemotherapie mit zwischenzeitlichen Pausen sog. Cyclen, 4-6 Wochen Intervall, dann die Operation, danach ca. 4-6 Wochen Pause zur erneuten Regeneration des Patienten, danach ca. 2 Monate weitere Chemotherapie.
 

Operation

Die Operation richtet sich nach dem Sitz und dem Stadium des Tumors.Das Grundprinzip ist die komplette Entfernung des Tumors mit den umgebenden Lymphknoten. Der Ersatz des entfernten Speiseröhrenanteils erfolgt in der Regel mit dem hochgezogenen Magen. Der Ersatz des entfernten Magens oder Teilen des Magens erfolgt mit dem Dünndarm. Diese Operationen können heute z.T. mit sog. minimalinvasiver Technik (Schlüssellochchirurgie) ausgeführt werden.

 

Speiseröhrenkrebs-Operation

Die Standardoperation beginnt am Bauch in Rückenlage in minimalinvasiver Technik mit 5 sog. Trokaren (Hülsen), drei mit 5 mm und zwei mit 10 mm Durchmesser.

Darüber werden eine hochauflösende Videokamera und kleine Instrumente eingeführt. Die untere Speiseröhre und der Magen werden präpariert und die sog. regionalen Lymphknoten entfernt. Der Magen wird unter Erhaltung seiner Durchblutung komplett gelöst und als Ersatz für die Speiseröhre vorbereitet (ca. 90 Minuten Dauer).

Danach wird der Patient auf die Seite gedreht , rechte Seite oben, linke Seite unten. Am Brustkorb (Thorax) wird in der Mitte  hinten zwischen den Rippen einen quere Öffnung angelegt. Dieser Zugang wird gewählt, weil der Ösophagus ganz hinten im Brustkorb liegt vor der Wirbelsäule. Die Rippen haben vorn am Brustbein und hinten an der Wirbelsäule Gelenke, so das sie auseinandergedrängt werden können, um im Thorax operieren zu können.

Dazu dient auch das der Narkosearzt die rechte Lunge nicht belüftet, so das sie zusammenfällt und Überblick im Brustkorb erreicht wird. Die linke Lunge erhält während dieser Zeit entsprechend mehr Sauerstoff. Die Speiseröhre wird zusammen mit den umgebenden Lymphknoten herauspräpariert und bis auf die oberste Brustspeiseröhre entfernt. Danach wird der im Bauch gelöste und vorbereitete Magen durch das Zwerchfell hoch gezogen (Magenhochzug).

Unter Entfernung des oberen und rechts seitlichen Teils des Magens (1/4 bis 1/3) wird dieser verschlankt und danach mit der gesunden Speiseröhre verbunden. Dieses geschieht heute am sichersten mit sog. Klammernahtgeräten, die circulär kleinste Titanklammern zwischen Magen- und Ösophaguswand einstanzen. Dieser Teil der Operation dauert etwa 2 Stunden. Zusammen mit den Narkosevorbereitungen und der Narkoseausleitung nimmt der Eingriff ca. 5 Stunden in Anspruch.

Der Patient wird auf die Intensivstation gebracht. Zur Schmerzbehandlung hat er neben allgemein wirkenden Mitteln einen Katheter an der Wirbelsäule, der kontinuierlich Schmerzmittel abgibt.

Das beschriebene minimal invasive Operationsverfahren sog. Hybrid-Ösophagektomie wenden wir seit langem sehr erfolgreich an und haben über 1000 Patienten damit operiert. Eine randomisierte Studie mit den Ergebnissen dieses Eingriffes wurde 2018 in der besten medizinischen Zeitschrift der Welt (New England Journal of Medicine) publiziert, weil er sich in einer grossen französischen Studie im Vergleich zum Verfahren mit Längsschnitt am Bauch durch signifikant niedrigere Komplikationsraten als schonender erwiesen hat.

Die Operation kann in geeigneten Fällen auch am Brustkorb mit minimal invasiver Technik ausgeführt werden, aber der Vorteil durch diese total minimal invasive Ösophagektomie gegenüber der o.g. Hybrid-Operation ist nicht erwiesen.

Bei sehr hoch sitzenden Tumoren des Ösophagus muss die Entfernung bis zur Halsspeiseröhre ausgedehnt werden.

Wenn bei voroperiertem Magen dieser als Ersatzorgan nicht zur Verfügung steht, wird ein Teil des Dickdarms zur Rekonstruktion verwendet.

Magenkrebs-Operation

Beim Magenkrebs hängt das Operationsverfahren sehr von dem genauen Sitz und der Aggressivität des Tumorwachstums ab. Die Operation wird in der Regel mit Bauchschnitt ausgeführt. Bei Tumoren des unteren Magens kann oft der oberste Teil erhalten werden (subtotale Magenresektion).

Bei Tumoren am Mageneingang am Übergang zur Speiseröhre kann zum Teil auch der untere Anteil des Magens verbleiben (siehe unter Tumoren am Übergangsbereich zwischen Speiseröhre und Magen).

Nur bei grossen Tumoren mit aggressivem Wachstum muss der ganze Magen entfernt werden (totale Gastrektomie). Dann wird zur Rekonstruktion ein Ersatzmagen aus Dünndarm gebildet.

 

Tumoren am Übergangsbereich zwischen Speiseröhre und Magen

Die Tumoren am ösophagogastralen Übergang zwischen 5 cm oberhalb bis 5 cm unterhalb des unteren Speiseröhren-Schliessmuskels (unterer Ösophagussphincter) werden entsprechend der Lokalisation des Tumorzentrums in 3 Typen klassifiziert.

Diese Einteilung wird als AEG-Klassifikation bezeichnet. Die Akronyme A, E und G stehen für die folgenden englischen Begriffe:

  • A = Adenocarcinoma (Adenokarzinom)
  • E = Esophagus (Ösophagus)
  • G = Gastric (den Magen betreffend)

Diese Klassifikation wurde 1987 von Prof. Siewert und Prof. Hölscher sowie den Pathologen Prof. Karen Becker und Prof. Gössner erstmals beschrieben (siehe Publikationsverzeichnis: Der Chirurg, 1987). Nach dem Erstautor dieser Arbeit wird sie auch als Siewert-Klassifikation bezeichnet und inzwischen weltweit verwendet.

AEG Typ I oder Siewert Typ 1 bezeichnet Adenokarzinome mit einem Tumorzentrum von 1-5 cm oberhalb des unteren Ösophagussphincters. Dieser Typ stellt ein eindeutiges Ösophaguskarzinom dar (siehe Abbildung).
AEG Typ II hat sein Tumorzentrum zwischen 1cm oberhalb und 2 cm unterhalb des unteren Ösophagussphincters und wird auch als eigentliches Kardiakarzinom bezeichnet.

AEG Typ III weist ein Tumorzentrum zwischen 2 cm und 5 cm unterhalb des Sphincters auf und repräsentiert vorwiegend ein Magenkarzinom.

Wenn keine endoskopische Resektion (siehe oben) indiziert ist, so ist beim AEG I Tumor die Hybrid-Ösophagektomie (s.o.) das Verfahren der Wahl und beim AEG Typ III die transhiatal erweiterte totale Gastrektomie (s.u.) mit Entfernung des unteren Anteils der Speiseröhre. Beim AEG II Tumor können beide Verfahren zur Anwendung kommen, das ist individuell zu entscheiden (siehe Abbildung).

Bei kleinen wenig aggressiven Tumoren vor allem von Typ II oder III kann eine limitierte Entfernung nur der unteren Speiseröhre, der Kardia und des oberen Magens ausreichen.
Danach wird der Ösophagus mit einer Dünndarmschlinge verbunden und die erhaltene untere Magenhälfte seitlich in den Dünndarm eingepflanzt. Bei dieser sog. Double Tract Rekonstruktion stehen zwei Kanäle zur Entleerung zur Verfügung (siehe Abbildung).
Siehe auch unter Neuigkeiten mit Video zur OP-Technik.

Phase nach der Operation

In der ersten Phase nach der Operation bleibt der Patient nüchtern, evtl. kann er etwas trinken. Nach einer Woche, wenn sich der Magen oder der Dünndarm erholt hat, beginnt der Kostaufbau von flüssigen über breiigen Speisen bis zur festen Kost. Der Patient muss danach lernen, seine Nahrungsgewohnheiten auf 5-6 kleinere Mahlzeiten pro Tag umzustellen. Eine entsprechende Ernährungsberatung wird vor der Entlassung angeboten (siehe auch unter Service zu Broschüren der Deutschen Krebshilfe). 

Der stationäre Aufenthalt ist bei beiden Operationen mit etwa 14 Tagen anzusetzen. Der Patient kann anschliessend eine Rehabilitationsmassnahme wahrnehmen oder sich zu Hause erholen.

Nach abgeschlossener Behandlung erfolgt die Nachsorge im ersten Jahr dreimonatlich, im zweiten halbjährlich und danach jährlich. Die Nachsorge umfasst die Untersuchung des Patienten, Laborwerte, Gastroskopie und CT.

Gutartige Tumoren der Speiseröhre und des Magens /  Divertikel

Gut abgegrenzte gutartige Tumoren der Speiseröhre sog. Leiomyome können oft in minimalinvasiver Technik durch den Brustkorb ausgeschält (enucleiert) werden ohne das ein Teil des Ösophagus entfernt werden muss.

Am Magen gibt es ebenfalls solche gutartigen Tumoren oder sog. semimaligne (halb bösartige) Tumoren wie Gastrointestinale Stromatumoren (GIST). Diese können meist minimalinvasiv mit nur einem kleinen Magenanteil entfernt werden so das es nur zu einer geringen Verkleinerung des Magens kommt. 

Divertikel der Speiseröhre sind gutartige Erkrankungen und treten selten auf. Die häufigsten sind am Eingang in den Ösophagus am Hals lokalisiert und können durch einen kleinen Schnitt an der linken Halsseite entfernt werden.

Divertikel der Brustspeiseröhre sind sehr selten und können oft minimalinvasiv durch den Thorax operiert werden.